Szenisches Interpretieren: SCHAU-Spiel in der GyBu-Aula

23.01.2025 |

Zum Abschluss des ersten Semesters in der gymnasialen Oberstufe war der Deutsch-Leistungskurs von Herrn Mohn gefordert: In Fortsetzung der Klausur zum materialgestützten Schreiben mussten sich die Kursteilnehmer erneut zu Georg Büchners Fragment „Woyzeck“ oder aber zu Franz Kafkas Novelle „In der Strafkolonie“ äußern. Sie hatten nun aber eine sehr viel mehr auf die Theater-Praxis bezogene Aufgabe: In eigener Szenen-Auswahl, eigener Text-Adaption, eigener Regie und eigener schauspielerischer Umsetzung wurden neue Zugänge der Jugendlichen zu den (veralteten?) Klassikern der deutschen Literaturgeschichte deutlich. Sie fühlten sich in der Interpretation der Gymnasiasten im Jahr 2025 sehr modern an …

Franz Kafka: In der Strafkolonie

Durch die Transformation von epischer Breite in dramatische Aktion entsteht ein immenser Spielraum für Handlung und Deutung, dessen besonderer Reiz im Spannungsverhältnis von inhaltlicher Äquivalenz und adaptierter sprachlicher Gestaltung liegt. Die zur Schau gestellte Begeisterung des Offiziers an der Maschine (und an sich selbst) kontrastiert die Räson der Reisenden: die unbeantwortet bleibende Frage nach der „Gerechtigkeit“ des vorgefundenen Prozederes.

 

Georg Büchner: Woyzeck

Jede Menge neue Deutungsräume auch durch die Figurenkonstellation in Büchners Fragment: das Potenzial des Komischen in der Begegnung von Doktor und Hauptmann steht der Abhängigkeit der Woyzeck-Figur von den Strippenziehern und Geldgebern nur scheinbar gegenüber: Sie haben ihn im wahrsten Wortsinn in der Hand; und die Tragik der Titelfigur besteht in der Diskrepanz zwischen dieser Erkenntnis seines Dilemmas und den fehlenden Handlungsmöglichkeiten…

 

Wolfgang Mohn